Fremdworte erklärt: Reframing (und wie es uns in der Ausbildung helfen kann…)
Es gibt immer wieder neue Worte, die unseren Alltag erreichen. So gab es beispielsweise vor einigen Jahren das Wort „Resilienz“, welches bis dato kaum jemand kannte. Heute ist es fast schon in aller Munde. So könnte es auch mit dem Wort „Reframing“ passieren. Was das ist und was Reframing mit Ausbildung zu tun hat, darum geht es in diesem Beitrag…
Was ist das nun genau? Reframing wird in der Psychologie mit „Umdeuten“ übersetzt. Es geht darum, einer Situation eine neue Bedeutung zu geben. Wir schaffen es im Alltag selten, irgendetwas nicht zu bewerten. Wir stecken alles in irgendeine Schublade. Die großen Schubladen heißen zum Beispiel „Gut“, „Schlecht“, „Wichtig“ oder „Egal“. Da dies immer ganz subjektive Eindrücke sind, wählen wir bei gleichen Ereignissen selten dasselbe Fach. Was der eine als wunderbar empfindet, kann bei der anderen zu Frustration und Stress führen. Reframing ist die Kunst, aus einem negativ bewerteten Umstand einen positiven zu machen. Aus Frust wird Lust, aus Ernst, Spaß und aus Stress wird Erholung. Sinn und Zweck der Übung ist also, aus einem gefühlten Nachteil einen Vorteil zu machen. Jede Medaille hat ja zwei Seiten. Wir müssen sie einfach nur umdrehen. Nutzen Sie die Dinge, die Sie gerade stören als einen Teil Ihrer Lösung.
Was kann das zum Beispiel sein? Stellen Sie sich vor, dass es in Strömen regnet, Sie aber geplant hatten, spazieren zu gehen. Die etwas leichter umzusetzende Möglichkeit ist, Sie machen stattdessen etwas anderes, bei dem das schlechte Wetter keine Rolle mehr spielt. Also Sie gehen ins Sportstudio oder Sie besuchen eine Freundin, lesen ein Buch oder was auch immer Ihnen da gerade einfällt. Etwas schwieriger wird es, aus diesem Nachteil etwas zu machen, was Ihnen das Maximum an Erlebnis und Spaß bringen wird. Etwas, das ohne den Regen gar nicht möglich wäre. Sie könnten in Badehose oder Bikini wandern gehen und genießen den Regen wie eine Dusche. Zwei weitere Beispiele: Das Essen ist versalzen oder verbrannt, also wird kurzerhand eine Pizza bestellt. Das Auto ist kaputt. Dann wird eben eine Wanderung gemacht oder das Fahrrad aus dem Schuppen geholt.
Reframing kann aber noch viel mehr. So lassen sich zum Beispiel auch alte Glaubenssätze und Denkmuster umwandeln. Dafür ist es wichtig, sich das ganze einmal aus einer anderen Perspektive zu betrachten. So wie beim Bouldern. Man sitzt etwas weiter weg von der Wand und schaut, wie man das so genannte Problem meistern kann.
Nehmen wir einmal den Satz: „Das kann ich nicht!“ Daraus wird: „Bisher ist es mir nicht gelungen, ich brauche eine neue Herangehensweise.“ Oder: „Ich bin nicht schlau genug.“ Das kann aber auch so klingen: „Ich habe den Anspruch an mich, noch mehr Wissen zu sammeln.“
Wenn wir einmal einen Blick in die Ausbildung werfen, kann uns Reframing sehr nützlich sein. Es läuft ja selten ganz nach Plan. Da wird die Zeit vergessen oder falsch eingeschätzt. Oder man hat das Gefühl, seinen Ansprüchen nicht zu genügen. Ein Feedback fällt niederschmetternd schlecht aus oder es gibt Schwierigkeiten mit einem Teilnehmer. Alles Probleme und Sichtweisen, die wir durch Umdeutung besser als Erfahrung nutzen können. Es fällt dann auch gleich leichter, aus gemachten und erkannten Fehlern zu lernen. Ich muss sicher nicht erwähnen, dass dies einer gesunden Fehlerkultur dient, ganz egal ob im Unternehmen, in Ausbildungen und oder zu Hause. Völlig automatisch werden wir großzügiger mit anderen und uns selbst.
Probieren Sie es einmal aus. Ganz bewusst. Als Übung hilft es, sich zu der Situation ein paar Fragen zu beantworten.
- Was ist überhaupt passiert?
- Was ist vielleicht im Vorfeld dieser Situation passiert?
- Wie habe ich darüber gedacht und was habe ich gefühlt?
- Kann ich die Situation vom jetzigen Standpunkt aus mit anderen Augen betrachten?
- Wofür könnte die Situation gut gewesen sein?
- Was kann ich daraus lernen, mitnehmen, um es zukünftig anders zu machen?
Diese Fragen und deren Beantwortung können beim Reflektieren helfen. Betrachten Sie die Situation von mehreren Seiten. Manchmal erkennen wir, dass wir ohne das zunächst als nachteilig eingeschätzte Ereignis etwas anderes, vielleicht Wertvolles, nie gefunden hätten. Eine Begegnung zum Beispiel, die zukunftsweisend ist. Oder wir entdecken etwas Neues, weil wir uns verfahren haben. Ohne den Umweg hätten wir das nie gefunden.
Reframing ist ein wunderbares Hilfsmittel, aus der Bewertung, geprägt durch Erfahrungen, herauszukommen und die Welt ein wenig bunter wahrzunehmen. Viel Erfolg beim Üben!
Ihr AzubiScout Team